4. März 2013 (update 29.01.2014)

Dr. Burghard Korneffel

A-Klasse und Halb/Tiefbahnhof

Daimlers A-Klasse fiel einst beim Elchtest um. Der Konzern reagierte sofort. Die Konstruktion wurde überarbeitet und die technischen Mängel behoben. Das geschah schnell und kostete eine Stange Geld. Mit dem verbesserten Modell und attraktiven Konditionen ging man in den Markt, und die A-Klasse verkaufte sich fortan gut.

Stellen wir uns vor, Daimler hätte den Elchtest ignoriert. Die fehlerhafte Konstruktion wäre geblieben. Statt dessen Füttern einer PR-Agentur mit Millionen, damit diese täglich das Auto schön schreibt: Das Umkippen als alternativlose Weltneuigkeit! Es bringe dem Menschen den Boden näher, auf dem er lebt. Und erziehe ihn zur Demut gegenüber der Tierwelt, denn der Elch würde durch das Abtauchen des Autos nicht verletzt. So oder anders, fassen wir uns kurz: Der Verkauf wäre eingebrochen, unter Umständen die Marke in Verruf geraten, und nach rasanter Talfahrt das Finale vor dem Konkursrichter.

Da hat die Bahn AG ganz andere Möglichkeiten. Sie kann nicht insolvent werden, denn es haftet der Steuerzahler. Und dieser Geldstrom scheint unerschöpflich zu sein, wenn man die richtigen Verbindungen zur politischen Szene knüpft.

Der Halb/Tiefbahnhof ist eine Fehlkonstruktion, und zusätzlichen Nahverkehr auf der Schiene sucht man in S21Vers95 vergeblich. Man glaubt offenkundig, es genüge, wenn die Bürger täglich mit dem Mantra der Alternativlosigkeit geweckt, begleitet, und wieder ins Bett geschickt werden. Zwischen durch dümmlicher Werbe-Sprech. Wenn das Ganze doch wenigstens originell wäre! Doch manchmal hege ich den Verdacht, der Plot wurde bei „1984“ abgekupfert.

Seitenanfang

10. August 2013

Dr. Burghard Korneffel

Wer zog die Lokalpolitiker über den Tisch

Flächen im eingeengten Stuttgarter Zentrum durch Aufgabe des Kopfbahnhofes zu gewinnen ist eine schlüssige Idee. Doch mit welchen technischen Lösungen organisiert man zukünftig den Schienenverkehr? Der in S21Vers95 vorgesehene Halb/Tiefbahnhof erweist sich bei näherem Hinsehen als Mogelpackung.

Der Halb/Tiefbahnhof entzieht etwa 6 ha in bester Zentrumslage einer Nutzung. Der Bahnhof sowie die Gleisflächen für Zu- und Abfahrt, in den Untergrund verlegt, lassen sich nicht überbauen. Das Betreten des riesigen, spärlich oder eventuell gar nicht begrünten und schief aus dem Boden ragenden Daches wird wohl nur eingeschränkt möglich sein. Statt der Gleisfelder des Kopfbahnhofs eine riesige Betonplatte. Dafür wurde der schönste Teil des Mittleren Schlossgartens geopfert. Wo ist der ultimative Flächengewinn? Dieser Halb/Tiefbahnhof, eine technische Fehlkonstruktion, bringt nichts und platziert mitten im Zentrum ein architektonisches Loch gewaltiges Ausmaßes.

Da hätte man auch einen futuristischen Gebäudekomplex errichten können mit dem Bahnhof im Kellergeschoss. Das wäre konsequent gewesen, mit einem Hauch des 21. Jahrhunderts. Ich sage nicht, dass mir das gefiele. Das Zentrum sähe danach anders aus, und der schönste Teil des Mittleren Schlossgartens wäre ebenfalls weg.

S21Vers95 bringt überhaupt keine Innovationen. Das wichtigste Problem Stuttgarts, der Ausbau des schienengebundenen Nahverkehrs, findet nicht statt.

Architekt Ingenhoven sagte in der Schlichtung, dass auch ein Steingarten als Parklandschaft zählt. Damit wissen wir, was sich hinter dem Werbesprech, mit S21 werde der Park erweitert, verbirgt.

Wie viel Rebensaft ist wohl im Weinhäusle geflossen, bis sich die Stuttgarter Lokalpolitiker über den Tisch ziehen ließen? Doch weitaus interessanter ist die Frage: Wer zog?

Seitenanfang

10. August 2013

Dr. Burghard Korneffel

Panzerkreuzer als Highlight

Zum schief aus dem Boden ragenden Dach des Halb/Tiefbahnhofs gibt es zur Tragfähigkeit keine nachprüfbaren Angaben. Vielleicht liegen die Daten in der Geheimkammer. Das bedeutet nichts gutes für die Bürger.

Die PR-Agentur duldet bei S21Vers95 keine Bedenken. Die Platte werde bis zu einem Meter hoch mit Erde überdeckt, bepflanzt und sei für eine beliebige Anzahl Fußgänger begehbar, so tönt es.

Gartenerde hat eine mittlere Dichte von 1,5 g/cm³ . Eine Fläche von 1 m² , überdeckt 1m hoch mit Gartenerde, drückt auf das Dach mit 1,5 t/m² . Das ist eine gewaltige Flächenlast! Da könnte man doch etwas Besonderes schaffen! Ich schlage vor, einen originalgetreuen Nachbau des Panzerkreuzers Fürst Bismarck auf das Dach zu stellen. Er wöge, aufmunitioniert und mit gefüllten Kohlebunkern, 11.461 t. Bei einer Schiffslänge von 127 m würde ein Dachstreifen von 127 x 60 m² genügen, um das Gewicht aufzunehmen, also nur ein Bruchteil der gesamten Dachfläche.

Das wäre ein Highlight! Der Traum von 1900, einen Bahnknoten im Zentrum Stuttgarts zu bauen, würde mit S21Vers95 erfüllt. Und das Flaggschiff der Kaiserlichen Marine auf dem Dach schützte ihn! Die Menschen werden zuhauf herbei strömen und mit feuchten Augen die beiden technischen Denkmäler bestaunen.

Wenn da nicht diese Vision wäre! Ich befand mich plötzlich im Jahr 2031. Der Halb/Tiefbahnhof war nach prunkvoller Eröffnung schon ein paar Wochen in Betrieb. Auf dem Dach wie jeden Montag eine Demonstration der Bewegung für bürgernahe Demokratie. Lächerliche 12.000 Teilnehmer, wie die Polizei mitteilte. Kein Problem für das Dach, laut PR-Agentur begehbar von einer beliebigen Anzahl von Fußgängern. Plötzlich ein infernalisch metallisches Kreischen, hartes Knallen von brechenden Steinen, der Panzerkreuzer sinkt majestätisch in die Tiefe, das Dach aufreißend, um letztlich auf der unteren Gleisebene aufzusetzen. Vielleicht hatten die Veranstalter mit 25.000 Teilnehmern doch recht. Das sind 2.000 t zusätzliches Gewicht. Ein schwarzer Tag für Stuttgart? Als erste meldeten sich die Verkehrsbetriebe zu Wort. Der Schaden sei überschaubar, da S21Vers95 sowieso nicht richtig funktionierte. Dafür quoll die Stadt von Touristen über. Jeder wollte das neue Kunstwerk sehen: Der Halb/Tiefbahnhof, zerstört, umklammert gleich einem letzten Aufbäumen seinen Beschützer, den Panzerkreuzer, ebenfalls mit argen Blessuren versehen und mittlerweile vom Wasser im Bahnhofstrog umspült.

Wieder in der Realität angekommen, beschleichen mich arge Zweifel an den Lobpreisungen der PR-Agentur zum Halb/Tiefbahnhof

Seitenanfang

14. Oktober 2012

Dr. Burghard Korneffel

S21 und die Parteien

Ein neu konzeptioniertes Schienennetz könnte dem Großraum Stuttgart enorme Vorteile bringen. Warum protestiert dann ein großer Teil der Stuttgarter Bürger gegen S21? Für etliche Politiker war bis zur Landtagswahl 2011 die Frage sofort beantwortet: Ewiggestrige, Wutbürger, Halbhöhenrentner usw. Auf die Idee, das Projekt S21 überzeuge nicht, vor allem nicht jene Bürger, die sich der Mühe unterzogen, die technische Basis von S21 zu ergründen, kam keiner der Regierenden. Nach der Wahl hat sich einiges im Umgang mit dem Bürger gebessert, aber nicht alles. O.k., gut Ding will haben gut Weile. Doch wieder liebäugelt man mit dem bequemen Weg, sich hinter irgendwelchen Beschlüssen aus alter Zeit zu verstecken. S21 ist für die Politiker ein hartes Brot. Doch wer ist schuld daran? Wer hat S21 als politische Spielwiese erschlossen, auf der man dem Kontrahenten so richtig ans Leder gehen kann? Auf der man in trauter Runde politische Süppchen kochen kann?

Die tiefen Gräben in Stuttgart lassen sich nur zuschütten, wenn man eine große Mehrheit der Bürger vom Projekt überzeugt. Mehr noch, wenn man sie regelrecht für das neu zu Schaffende begeistert! Mit dem technisch veralteten und mit eklatanten Mängeln versehenen Projekt S21 gelingt das nicht. Die Stuttgarter Bürger würden auch dem Abriss des Kopfbahnhofes zustimmen, der fast 100 Jahre hervorragend funktioniert hat, wenn ein neues Projekt überwältigende Vorteile für die Bürger und ihre Stadt brächte.

Was tat man, um die Situation in den Griff zu bekommen? Richtig, eine Volksabstimmung! Doch bei der ging es um Finanzpolitik. Die Frage war verklausuliert, und die meisten verstanden sie nicht. Aus dem Ergebnis dieser Abstimmung eine demokratische Entscheidung zum Thema Bahnhofsneubau in Stuttgart ableiten zu wollen, kommt dem Lesen von Kaffeesatz gleich. Außerdem, wie können die Menschen im Lande fernab von Stuttgart entscheiden, welche technische Lösung für den Stuttgarter Bahnverkehr die beste ist?

Der Mittlere Schlossgarten, ein Kleinod Stuttgarts, wurde den Bürgern weggenommen und am 15. Februar 2012 unter dem Schutz von 16.000 Bereitschaftspolizisten brachial gerodet. Die einstige Oase mitten im Zentrum ist seitdem eine streng abgeschottete Brache. Mit der rücksichtslosen Zerstörung des Mittleren Schlossgartens wurde in Stuttgart eine rote Linie überschritten.

Aus der von Frau Merkel dominierten CDU kommt der dumpf-tumbe Ruf „Weiterbauen“. Keine Änderungen, keine Verbesserungen, kein Berücksichtigen technischen Fortschritts. Man will das Uraltprojekt stur in Basta-Manier durchziehen. Fortschritt ist das Ergebnis eines ständigen Wettstreits der Ideen. Der wirklich konservative Bürger setzt auf die Erkenntnisse von Wissenschaft und modernster Technologie. Warum sollte er den Kandidaten einer Partei wählen, die von Pfarrern einer Ethikkommission entscheiden lässt, in welche Richtung die technologische Entwicklung gehen darf? Eine Partei, in der man in Gefahr gerät, mit innovativen Ideen zum Ketzer zu werden? Die Merkel-CDU schreitet geistig ins Mittelalter zurück und der konservative Bürger ist ratlos. Wen soll er wählen? Die CDU ist doch eigentlich seine Partei!

Der konservative Bürger verabscheut den Mainstream, in dem schrille Gestalten Patentrezepte verbreiten, denen allesamt der Tiefgang fehlt. Frau Merkel versucht, im Mainstream nach Wählern zu fischen. Die CDU wurde von Merkel & Co auf Beliebigkeit getrimmt. AgitProp statt überzeugender Argumente! Die Wort-Hackstücke von Turners Wahlplakaten tun weh, wenn man Deutsch als Muttersprache erlernt hat. Ist dem von der CDU unterstützten Kandidaten der Terminkalender durcheinander geraten? Geht es am 21. Oktober um eine OB-Wahl oder um die Vermarktung von Dosenfutter?

Die CDU muss zu ihrer alten Stärke finden. Sie wird als konservative Kraft gebraucht. Wenn die Gesellschaft ausschließlich von ähnlich Gesinnten geführt wird, droht irgendwann die Stagnation. Vielleicht hilft der Verlust des OB-Amtes der CDU, erneut ihren Platz im Parteienspektrum zu finden. Bis jetzt, so hatte man den Eindruck, schien die CDU-Führung die Niederlage bei der Landtagswahl als Betriebsunfall abzutun. Eine Niederlage bei der OB-Wahl könnte die Regeneration der CDU beschleunigen.

Halten wir es mit einem polnischen Sprichwort: Es gibt nicht derart Schlechtes, dass es nicht wieder zu etwas Gutem führte.

Seitenanfang

29. Januar 2012

Dr. Burghard Korneffel

Verhindern von Ideen

Teil 1

Eines der gebräuchlichsten Argumente lautet: "Wie Sie wissen, wurden im Zuge der Planung von Stuttgart 21 eine Vielzahl von Varianten entwickelt und im Rahmen des Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahrens gegeneinander abgewogen. In zahlreichen ebenso intensiven wie langwierigen Untersuchungen unter Beteiligung namhafter Fachleute stellte sich dabei letztlich Stuttgart 21 als die beste Lösung heraus. Die landesplanerische Beurteilung, die Erläuterungsberichte des Planfeststellungsverfahrens, aber auch die Wortprotokolle der Anhörungstermine legen auf mehreren tausend Seiten detailliert die Gründe für diese Entscheidung dar. Dabei wird auch deutlich, dass die meisten Elemente Ihres Vorschlags längst geprüft und – aus guten Gründen – verworfen wurden."

Das Argument, es gäbe nichts besseres, weil zahlreiche Gremien zu solchem Ergebnis kamen, ist im Kern eine Nullaussage. Eine technische Idee, die den Gremien nicht vorlag, konnte auch nicht beurteilt werden. Wenn diese Idee besser ist als das Beurteilte, hat sich das Ergebnis jener Gremien erledigt. Haben diese Gremien nicht bereits vor 15 Jahren getagt? In 15 Jahren entwickeln sich Technik und Wissenschaft rasant weiter.

Das "Zahlreiche-Gremien-Argument" hat sich in der Geschichte der technischen Entwicklungen  noch nie bewahrheitet. Hugo Junkers, von den Gremien seiner Zeit verlacht und verspottet, startete 1915 das erste Ganzmetallflugzeug. Alle Experten waren sich bis dato einig, ein Flugzeug könne nur aus Holz und Stoff bestehen. Die deutsche Admiralität verheizte ihre Schlachtschiffe, da man Radar als Spielerei abtat und sich für dickere Panzerung entschied. Die englische Marine sah die deutschen Kreuzer dank Radar weit im voraus und schoss sie kurz und klein, bevor diese überhaupt mitbekamen, welche Position der Gegner hatte. Den Entscheid, auf Panzerung statt Elektronik zu setzen, trafen weit gewichtigere Gremien als die von S21, trotzdem war er grundfalsch.

Teil 2

Architekt Ingenhoven stellte während der Schlichtung seinen Halb/Tiefbahnhof vor. Danach Stille im Saal. Dr. Geissler schaute auf: "Ihre Fragen, wer will beginnen?". Erneut Stille, dann die Stimme des Sprechers der S21-Gegner: "Keine Fragen, wir wollen diesen Bahnhof nicht!". Die mit Spannung erwartete Diskussion zu den zahlreichen technischen Problemen fand nicht statt. Schließlich ist es der Halb/Tiefbahnhof, der die Bürger in Scharen zum Protest auf die Straße trieb. Warum eine schief aus der Erde ragende Betonwanne? Wozu die Vernichtung eines großen Teils des Mittleren Schlossgartens? Anscheinend ging es der Führung des Widerstandes nicht darum, die besten technischen Ideen zu finden, sondern den Kontrahenten durch Missachten und Ignorieren klein zu machen. Vielleicht ein von Kommunikationsexperten ausgedachtes Vorgehen? Viele Vertreter dieses Berufsstandes haben in der Politik gut dotierte Beraterposten bekommen. Oder sind selbst Abgeordnete geworden. Man glaubt, mit modernen Formen der Kommunikation in der Mediengesellschaft politische Erfolge einzufahren. Modern? Das Ignorieren, Verweigern jeglicher Diskussion und Schließen der Augen vor Fakten, die nicht ins eigene Weltbild passen, war und ist seit Jahrhunderten das Markenzeichen von Religionsgemeinschaften. Oder kennt jemand einen Prediger, der die Inhalte eines anderen Glaubens wertneutral erläutert und danach mit den Mitgliedern seiner Gemeinde über die Vor- und Nachteile der fremden Religion diskutiert?

Wissenschaft und Technik entwickeln sich im offenen Wettstreit der Ideen

Es bringt nichts, wenn man Sturheit und Ignoranz des Anderen mit eigener Sturheit und Ignoranz beantwortet. Die großen Erfindungen und Technologien entstanden in einem offenen und leidenschaftlich ausgetragenen Wettstreit der Ideen. Politisches Ränkespiel zur Erlangung von Macht einschließlich Beschaffung von Mehrheiten hat in der Technik nichts zu suchen. Die Wirtschaft ist das Rückgrat des Staates. Wer Denkverbote in der Entwicklung von Wissenschaft und Technik erlässt, zerstört letztlich die Grundlagen unseres Wohlstandes. Wohlstand bedeutet nicht nur Geld in der Tasche, sondern vor allem Bildung, Gesundheit, Kultur und ein Leben in Einklang mit der Natur.

Seitenanfang

30. September 2011

Dr. Burghard Korneffel

Polarisierung auf S21 oder K21 führt zur Blockade

Seit einem Jahr, mit Beginn des Abrisses des Nordflügels, wird das Projekt S21 intensiv in der Öffentlichkeit diskutiert. Die Positionen der Lager "S21" und "K21" sind konträr. Die Hardliner beider Seiten bestimmen die Schlagzeilen. Diese Lagerbildung blockiert eine Diskussion über alternative Lösungen, mit denen man die Vorzüge von S21 und K21 zusammenführen könnte.

Das Projekt S21 wurde 1995 ausgearbeitet. 16 Jahre sind technologisch eine große Zeitspanne. Was damals perfekt erschien, muss es heute nicht mehr sein. Die Gegner von S21, und diese bilden in Stuttgart die Mehrheit, eint die Ablehnung des Tiefbahnhofes. Aber sie sind nicht alle Anhänger von K21.

Vorteile von S21: Die Idee, Platz für die Stadtentwicklung zu schaffen, ist gut. Die Heimerl-Trasse ist ist vom Grundsatz her optimal. Die Anbindung des Flughafens ist verkehrspolitisch ein Gebot der Vernunft.

Nachteile von S21: S21 krankt an der Vorgabe, den gesamten Fern- und Regionalverkehr in einem Punkt zusammen zu führen und ihn aus diesem Punkt wieder heraus fließen zu lassen. Das bedingt mindestens 8 Gleise im Tiefbahnhof plus ein umfangreiches Ringtunnelsystem. Ein gewaltiger und die Baukosten in die Höhe treibender Untertagebau. Der Tiefbahnhof wird an der engsten Stelle des Talkessels irgendwie in den Boden gequetscht. Mit 15 Promille Längsneigung, für ein Projekt des 21. Jahrhunderts ein Unding. Das Wort Tiefbahnhof trifft nicht zu. In Wirklichkeit ragt schief aus dem Boden eine riesige Betonwanne im Hügelgrab-Design heraus. Dafür soll ein großer Teil des Mittleren Schlossgartens vernichtet werden? Das Dach des halb versunkenen Betonwalls wird vielleicht eine dünne Grasdecke tragen. Oder man streicht es lediglich grün an.

Vorteile von K21: Der Mittlere Schlossgarten bleibt erhalten. Keine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität in Stuttgart infolge des umfangreichen mit S21 verknüpften Baugeschehens. Der Zugverkehr funktioniert wie gewohnt.

Nachteile von K21: Der Kopfbahnhof mit seinem Gleisvorfeld erfüllte die Forderungen an den Personen- und Güterverkehr, die vor 100 Jahren in Stuttgart gestellt wurden. Inzwischen haben wir S-Bahn, U-Bahn, Omnibuslinien, einen Flughafen und einen allgegenwärtigen dichten PKW-Verkehr. Der Verkehr und die Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert können mit K21 nicht bedient werden.

Als die S-Bahn von Bad Cannstatt nach Vaihingen gebaut war, hätte eigentlich schon eine Planung zum Versetzen des Hauptbahnhofes aus dem Zentrum heraus beginnen können. Denn dieses war ja nun über einen Schienenstrang der Bahn angebunden. Die großen Gleisflächen standen und stehen einer Entwicklung der Stadt im Wege. Städte haben nun mal ein Zentrum, mit dem sich die Bürger, wenn es wunderschön ist, identifizieren. Man kann einen Bahnhof auch mit Kopfgleisen und Durchgangsgleisen bauen, aber nicht an der heutigen Stelle. Dort fehlt es an Platz. Inzwischen sind viele der in Frage kommenden Flächen zugebaut.

Es wäre fatal, jetzt stur das Projekt aus dem Jahr 1995 durch zu ziehen. Es gibt Berater, die meinen, um der Glaubwürdigkeit willen von einem einmal gefassten Beschluss niemals abzuweichen. Für mich ist das die Offenbarung persönlicher Unfähigkeit. Ein Management, das die Fertigung eines vor 16 Jahren entwickelten Produktes beschließt, führt den Betrieb geradlinig in die Insolvenz. Denn es gilt: Das Bessere ist der Feind des Guten! Ein modernes Management hinterfragt täglich, wie die Produktlinie im Wettbewerb positioniert ist, und setzt, wenn notwendig, sofort Änderungen durch. Wissenschaft und Technik entwickeln sich im ständigen Streit der Ideen. Wer das negiert, fällt zurück. Wer auf den Mechanismen der guten alten Zeit beharrt und alles Neue verwirft, wird von der Entwicklung beiseite geschoben.

Seitenanfang

 

322