12. November 2012 (update 24.01.2014)

Dr. Burghard Korneffel

Die Region Stuttgart braucht dringend eine moderne
S-Bahn

In der Region Stuttgart muss ein großer Teil des Pendlerverkehrs, der heute mit dem PKW erfolgt, auf die Schiene gebracht werden. Keiner will das Automobil abschaffen. Ich persönlich würde meines mit Klauen und Zähnen verteidigen. Das Automobil erlaubt uns eine Mobilität, von der frühere Generationen geträumt haben. Aber deshalb muss man nicht jeden Tag die gleiche Strecke zur Arbeitsstelle hin und zurück fahren und jeden Tag im gleichen Stau stecken. Gibt es dazu eine attraktive Alternative auf der Schiene, so wird man diese nutzen. Für einen Umstieg auf etwas besseres bedarf es keiner behördlicher Verordnung, keiner Zwangsgebühren, keiner willkürlichen Geschwindigkeitsbeschränkungen für den PKW, keiner vorsätzlichen Verknappung von Parkraum und schon gar keiner City Maut.

Man kann Schienen nicht in jede Siedlung legen. Es wird immer Menschen geben, die nur mit PKW (oder Bus) ihr Fahrtziel erreichen. Wenn man es schafft, einen großen Teil des heutigen Verkehrs auf die Schiene zu verlagern, fließt der restliche Verkehr flüssig und ohne Stau.

Forderungen an den schienengebundenen Nahverkehr

  • 1. Die Fahrzeit auf der Schiene von Wohnstätte zu Arbeitsstätte sollte kürzer sein als die optimal auf der Straße mögliche (optimal: Fahrt ohne Stau bei Einhaltung der StVO).
  • 2. Intelligente Linienführung, um die Fahrgäste auf möglichst direktem Weg zu ihrem Ziel zu bringen.
  • 3. Das Schienenfahrzeug muss im dichten Zeittakt verkehren.
  • 4. Der Transport auf der Schiene muss weniger kosten als mit dem PKW (echte Streckenkosten und nicht künstlich über Zwangsgebühren verteuerte).
  • 5. Der Transport auf der Schiene muss einen gewissen Komfort beinhalten.
  • Zu 1:
  • 1.1 Verkehrsträger: Als Rückgrat des Schienennahverkehrs braucht man einen schnellen Verkehrsträger. Dafür bietet sich eine moderne S-Bahn an (vmax = 160 km/h, kräftige Beschleunigung, mehrere breite Einstiege für schnellen Fahrgastwechsel. Für die Verteilung in der Fläche um den S-Bahnhof herum sind U-Bahn oder Bus geeignet. Oder P+R Anlagen: Bereits mit einem Einzugsbereich von 5 km im Radius erschlössen sie eine große besiedelte Fläche. Moderne S-Bahnen werden in der Zukunft voraussichtlich Linien bis etwa 100 km Länge bedienen. Damit übernähmen sie einen großen Teil des Regionalverkehrs.
  • 1.2 Abstand zwischen den Haltestellen (Bild 1): Für die Durchschnittsgeschwindigkeit einer Linie ist die Anzahl der Segmente entscheidend und nicht deren einzelne Länge, solange diese größer als Smin ist. Ein Segment ist die Distanz zwischen zwei Haltestellen. Smin ist die Summe aus Beschleunigungs- und Bremsstrecke. Alle Segmente zusammen addiert ergeben die Länge der gesamten Strecke (in Bild 1 sind das 50 km).
  • 1.2.1 Auf einer Strecke von 50 km mit 20 Haltestellen erreicht die S-Bahn (vmax = 120 km/h) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 65,1 km/h (Fahrzeit gesamte Strecke: 46 min 7 sec).
  • 1.2.2 Auf einer Strecke von 50 km mit 10 Haltestellen erreicht die S-Bahn (vmax = 120 km/h) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 84,4 km/h (Fahrzeit gesamte Strecke: 35 min 33 sec).
  • 1.2.3 Auf einer Strecke von 50 km mit 5 Haltestellen erreicht die S-Bahn (vmax = 120 km/h) eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 99,1 km/h (Fahrzeit gesamte Strecke: 30 min 17 sec).
  • 1.3 Der Ansatz, mit einer S-Bahnlinie möglichst viele Siedlungen, auch wenn sie klein sind, anzufahren, ist kontraproduktiv. Denn das führt zu Zuckelbahnen. Solche benutzt man nur widerwillig. Die Linie von Vaihingen zum Flughafen ist ein solches Beispiel. Die S-Bahn zuckelt auf diesem Abschnitt und verdirbt damit eine schnelle Verbindung vom Zentrum zum Flughafen. Für die Verteilung in der Fläche ist dieser Streckenabschnitt geeignet, aber als Basis für die Erschließung des Fildernraumes nicht. Darum sieht der Kompromissvorschlag KoS21 eine Neubautrasse zwischen Abzweig Rohr und Flughafen vor.

Abstand_120kmh_schmal

Bild 1. Durchschittsgeschwindigkeit als Funktion der Anzahl von Segmenten einer 50 km langen Strecke bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h (Smin= 1,111 km; weitere technische Details in „Fahrzeiten Teil 2“ in „Schienennetz_KoS21.pdf“)

Zu 2: Man muss weg von der sternförmigen Linienführung zu einer sich intelligent verästelten oder verzweigenden Linienführung. Viele Umsteigepunkte ermöglichen eine individuelle Route.

Heute ist in Stuttgart der Hauptbahnhof der zentrale Umsteigepunkt für sämtliche S-Bahnen. Das führt zur Überlastung dieses S-Bahnknoten. Doch die meisten Fahrgäste wollen gar nicht zum Hbf. Für viele ist das ein Umweg.

Zu 3: Um den Bürger zu motivieren, vom Auto in das Nahverkehrsfahrzeug umzusteigen, muss dieses im dichten Takt fahren. 10-Minuten-Takt ist das Minimum. Es genügt nicht, alle 20 min einen Zug fahren zu lassen. Dann könnte folgendes passieren: Der Arbeitnehmer gibt sich einen Ruck. Bereit, etwas gutes für die Umwelt zu tun, geht er zum Bahnhof. Er verpasst die S- Bahn und muss 20 min warten. Das war's, fortan lässt er sich wieder in sein Auto fallen.

Zu 4:

  • 4.1 Personalkosten: Für einen dichten Takt benötigt man nicht nur eine Menge Fahrzeuge, son dern auch viele Fahrer. Doch woher diese nehmen und bezahlen? Die Lösung ist der fahrerlose Betrieb. In der Zukunft wird er sich beim schienengebundenen Nahverkehr durchsetzen. Science fiction? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte die Vorstellung, der Fahrstuhl könnte alleine, ohne Führer, zwischen den Stockwerken hinauf und hinab gleiten, ins Reich der Phantasie.
  • 4.2 Kosten für rollendes Material: Dichter Takt erfordert viele Züge, damit steigen die Stückzahlen für Fahrzeuge, was eine Reduzierung ihres Preises nach sich ziehen sollte.
  • 4.3 Kosten durch Verschleiß des rollenden Materials: In verkehrsschwachen Zeiten muss der Akzeptanz wegen ein dichter Takt aufrecht erhalten bleiben. Daher muss die Zuglänge rasch und unkompliziert geändert werden können. Nachts reicht vielleicht ein Triebfahrzeug aus. Die technische Lösung lautet automatische Kupplung, vom rechentechnisch vernetzten Steuersystem (Grundbaustein von KoS21) veranlasst und überwacht. Eine Version für die Zukunft könnte die virtuelle Kupplung sei. Dabei wird der Zug aus selbstgetriebenen Fahrzeugen zusammengestellt. Diese sind nicht mehr mechanisch miteinander verbunden, sondern halten untereinander einen festgelegten Abstand mit einer Toleranz von wenigen Zentimetern ein. Die Sensorik dazu wäre bereits heute vorhanden. Das zu lösende technische Problem in der Regelschleife ist die Reaktionszeit des Antriebs über Elektromotoren. Da werden sich die Techniker noch etwas einfallen lassen. Das Antriebssystem des Transrapid hält ohne äußeres Zutun den Abstand zwischen einzelnen Triebfahrzeugen konstant.
  • 4.4 Energiekosten: Eine moderne S-Bahn nutzt das Stromnetz als Lastwiderstand. So wird der Energieverbrauch verringert. Die Bahn muss auch nachts (keine Sonne) wie auch bei fehlendem Wind fahren. Als Bahnstromwerk bietet sich ein modernes Kernkraftwerk an. Es liefert zuverlässig rund um die Uhr die kWh für 3 Cent.
  • Dieser Vorschlag ist ein Verstoß gegen die EC (Ecological Correctness). Einmal gesündigt lege ich noch eins drauf: In Frankreich heizen Wohnungsbesitzer zunehmend mit Strom. Es kostet weniger als mit Öl oder Gas, da der Strom aus Kernkraftwerken stammt. Für den Verbraucher ist die Effizienz perfekt: 1 kWh elektrische Energie ergibt 1 kWh Wärmeenergie. Bei Öl- oder Gas entflieht ein Teil der Wärme über den Kamin ins Freie. Kernkraft emittiert kein CO2 und verbraucht keine fossilen Ressourcen. Franzosen halten Ideologie aus der Entwicklung von Wissenschaft und Technik strikt heraus. Außerdem haben sie ein Fable für High Tech. Deutsche Ideologie will die ganze Welt retten und nimmt als Kollateralschaden in Kauf, das eigene Land gegen die Wand zu fahren.

    Zu 5: Wer sitzen möchte, muss auch einen Sitzplatz finden. Mit den Maßnahmen aus Pkt. 3 sollte das gelingen. Überfüllte Züge mit der Packungsdichte einer Fischkonserve machen alle Bemühungen zunichte, den Autofahrer zum Umsteigen auf die Schiene zu bewegen.

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12. November 2012 (update 24.01.2014)

Dr. Burghard Korneffel

Beschleunigung oder Entschleunigung?

Die tägliche Fahrt zum Arbeitsplatz ist nutzlos verbrachte Lebenszeit. Je kürzer die Fahrzeit, um so besser. Wenn der Schienenverkehr schneller als der PKW befördert, hat er ein starkes Argument zu seinen Gunsten. Auch für den Autonarr zählt letztlich die Fahrzeit. Solange der PKW schneller ist, bekommt man ihn aus diesem nicht heraus.

Ich höre schon den Protest: „Wozu Tempo, was bringen Minuten, Entschleunigung ist angesagt!“. Falsch! Die Wirklichkeit erhöht täglich das Tempo. Ein Ingenieur entwirft heute das neue Bauteil am Computer. Dieser rechnet in Sekunden die neue Konstruktion durch. Vor 30 Jahren hat das noch Wochen gedauert. Morgen entwirft der Computer, mit dem gespeicherten Wissen einer ganzen Epoche, unter der fachlichen Führung des Ingenieurs. Wer dieses Tempo ablehnt, wird beiseite geschoben. Weg vom Markt heißt weg vom Wohlstand. Doch den brauchen wir. Nicht nur für unser Leben, sondern vor allem für gute Schulen, für exzellente Gesundheitsfürsorge und für die Erhaltung der Umwelt.

Wer sich der Beschleunigung verschließt und Entschleunigung propagiert, klinkt sich aus und versinkt in der Bedeutungslosigkeit. Es gab schon immer Einsiedler, die ein karges entschleunigtes Leben in der Natur der betriebsamen Hektik im Zentrum der Gesellschaft vorzogen. Man muss ihre Entscheidung respektieren. Aber es wird bedenklich, wenn die Jünger der neuen Heilslehre versuchen, diese politisch durchzusetzen.

Die Adern einer lebendigen Volkswirtschaft sind ihr Schienen-, Straßen- und Datennetz. Schnelligkeit und Präzision in diesen Netzen bestimmen maßgeblich die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft. Und in dieser und nirgendwo anders wird der materielle Wohlstand geschaffen.

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20. November 2011 (update 03.03.2014)

Dr. Burghard Korneffel

Schnelle Züge statt Zuckelbahn

Massen von PKW wälzen sich morgens in Richtung Stadt und nachmittags in Richtung Peripherie.  Will man dem Bürger den öffentlichen Nahverkehr schmackhaft machen, muss dieser die Vorzüge des Autos bieten. Bei der täglichen Fahrt zur Arbeitsstätte zählen der Zeitgewinn und ein gewisser Komfort. Schienengebundener Nahverkehr mit vielen Haltestellen im dichten Abstand, um dem Fahrgast kurze Wege zu seinem Ziel zu bieten, ist ein überholtes Konzept. Städte und Industriezentren haben ein Einzugsgebiet bis zu 50 km im Radius. Moderne S-Bahnen sind High Tech Produkte. Starke Beschleunigung, Komfort für den Fahrgast, schneller Fahrgastwechsel über mehrere breite Einstiege für kurze Haltezeiten, und geringe Betriebs- und Fahrgeräusche. Sie sind das Rückgrat eines modernen Nahverkehrssystems. Die Abstände zwischen den Haltestellen sollten groß sein. Die Verteilung in der Fläche zwischen den Haltestellen können U-Bahn oder Bus übernehmen. Das kann zusätzliches Umsteigen bedeuten. Wenn der einzelne Bürger darauf besteht, einen möglichst kurzen Weg zum nächsten S-Bahnhof zu haben, behindert er mit dieser Forderung die Masse der übrigen im Zug sitzenden Fahrgäste. Die durchschnittliche Geschwindigkeit einer S- Bahnlinie geht mit dichter werdendem Haltestellennetz in die Knie (siehe Fahrzeiten Teil 2). Und noch ärgerlicher, der Bürger nimmt für den Weg zur Arbeitsstelle das eigene Auto. Die Zuckelei mit dem Nahverkehr nervt ihn.

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20. November 2011 (update 03.03.2014)

Dr. Burghard Korneffel

Dichter Takt ist die Grundvoraussetzung für einen effektiven Nahverkehr

Um den Bürger zu motivieren, vom Auto in das Nahverkehrsfahrzeug umzusteigen, muss dieses im dichten Takt fahren. 10- Minuten-Takt ist das Minimum. Es genügt nicht, pro Stunde einen Zug fahren zu lassen. Rentner, Schüler oder hartgesottene Autofeinde kann man damit zufriedenstellen. Der normale Arbeitnehmer kämpft täglich gegen die Zeit. Er verpasst die S- Bahn und muss 20 min auf die nächste warten. Das macht er nur einmal und lässt sich fortan wieder in sein Auto fallen.

Für einen dichten Takt benötigt man ausreichend Fahrzeuge. Bei hohen Stückzahlen sollten diese preisgünstig werden. Doch das betriebswirtschaftlich Wichtigste ist die Auslastung. Sind bei dichtem Takt die Fahrzeuge voll belegt, kommt über die Tickets auch Geld in die Kasse. In verkehrsschwacher Zeit müssen die Züge verkleinert werden. Im Extremfall nur ein Triebwagen. Die Techniker müssen die automatische Kupplung praxistauglich machen. Besonders verlockend ist die virtuelle Kupplung.

Doch woher die Fahrer nehmen und bezahlen? In der Zukunft wird sich beim schienengebundenen Nahverkehr der fahrerlose Betrieb durchsetzen. Science fiction? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gehörte die Vorstellung, der Fahrstuhl könnte alleine, ohne Führer, zwischen den Stockwerken hinauf und hinab gleiten, ins Reich der Phantasie.

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20. November 2011 (update 03.03.2014)

Dr. Burghard Korneffel

Nahverkehr in der Fläche am Beispiel einer neuen S-Bahnstation Denkendorf

Der S-Bahnhof läge abseits, einen guten Kilometer vom Stadtkern entfernt. Der S-Bahnhof erhält ökologisches Gewicht, wenn man eine P+R Anlage aufbaut. Man kann in der Fläche nicht bis zu jeder Siedlung Schienen verlegen. Die P+R Anlage hat einen Einzugsbereich von vielleicht 5 km im Radius. Damit wäre sie attraktiv für die Einwohner von Denkendorf, Nellingen, Berkheim, Köngen und Neuhausen. Von der S-Bahnstation Denkendorf ist man in 4 min am Flughafen, in 10 min in Vaihingen, in 12 min am Hbf Stuttgart oder in 10 min in Plochingen. Für die Fahrt von der Wohnung zum P+R reicht ein Miniauto. Da könnte sich Elektroantrieb lohnen. Eine Batterie-Reichweite von 20 km reicht aus. Nachts lädt sich die kleine und damit kostengünstige Batterie auf dem Stellplatz auf. Für längere Fahrten hat man sein geliebtes heiliges Blechle. Die meisten Familien haben heute schon zwei Autos. Aber dann könnte doch eines von beiden wirklich klein und kostengünstig sein, wenn man zur Arbeit nur ein paar Kilometer bis zum nächsten P+R zurücklegen muss, um dann im Blitztempo zu seiner Betriebsstätte auf der Schiene gefahren zu werden.

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